Um anfängliche Fehler zu vermeiden, haben Anne-Marie und ich uns genau informiert, wo wir die besten Chancen hätten, um nach Rotterdam weiter zu trampen. Unsere Sachen waren gepackt, alle Spuren in Amsterdam beseitigt und wir machten uns auf den Weg zur Amstelstation, einer weiteren offiziellen Lifthalte. Unsere Lust, am Straßenrand zu stehen und uns von vorbeifahrenden Menschen begaffen zu lassen, war an diesem Tag nicht sehr groß und so waren wir umso glücklicher, als schon nach einigen Minuten jemand anhielt. Er hieß Niels und erzählte uns, dass er früher selbst viel getrampt sei. Wir waren noch müde und schwiegen. "Sogar in Süddeutschland!" Wir beide lächelten etwas gequält. Die meisten Fahrer wählen so eine Anekdote als netten Einstieg für ein Gespräch und immer wieder bringt Anne-Marie und mich das in die verzwickte Lage, unsere Tramping-Jungfräulichkeit zu vertuschen. Vor ein paar Wochen hatten wir den Horrorfilm 'The Hitcher' im Fernsehen gesehen und wussten also, was wir auf jeden Fall vermeiden mussten (psychische Störungen vortäuschen, Witze über Waffen machen, aussehen wie Rutger Hauer), großartige praktische Erfahrungen im Trampen hatten wir jedoch nicht.
Niels machte lange Pausen in seinen Sätzen, oft an Stellen, die für Pausen überhaupt nicht geeignet schienen. Er probierte uns, den Unterschied zwischen Amsterdam und Rotterdam zu erläutern, natürlich nicht ohne zu erwähnen, dass Rotterdam irgendwie besser ist. Rotterdam ist eine bodenständige Arbeiterstadt, während Amsterdam abgehoben und versnobt ist. Ich überlegte, ob es diesen Städte-Zwist nicht in fast allen Ländern gäbe. Wir hörten ihm zu, was er uns zu erzählen hatte und mussten in den nächsten Tagen noch mehrmals daran denken. Vor allem aber half uns sein Tipp, im Seemannshaus zu übernachten, da wir keinerlei Menschen kannten, bei denen wir sonst hätten schlafen können. Wir gaben also je 25 Euro für unser Zwei-Bett-Zimmer aus und sparten uns so das 10-Mann-Dormatorium im Hostel, vor dem es mir sowieso schon graute. Rotterdam war in der Tat völlig anders als Amsterdam: die Skyline erinnerte eher an Frankfurt am Main, als an Holland, die ganze Stadt ist völlig geprägt von ihrem maritimen Flair. Menschen verschiedenster Nationalitäten leben hier anscheinend ziemlich glücklich miteinander (mehr als 50% der Rotterdammer sind nicht niederländischer Abstammung) und auch wir wurden freundlich empfangen. Trotz der kühlen Block-Architektur hat Rotterdam schnell seinen Weg unter meine Lieblingsstädte gefunden. Der einzige Wehrmuthstropfen war, dass wir sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne planlos durch die Stadt liefen. So haben wir auch erst um 1 Uhr erfahren, dass um 1 Uhr Sperrstunde ist. Kosten/Strecke: 5,60€/90km + 25€ Logie Was wir gelernt haben: dass man Hamburg und (!) Berlin mögen kann Was wir hätten brauchen können: ein iPhone
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Mai 2018
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