Am Mittwoch bin ich zusammen mit Vladymir, einem in Japan lebenden, aber aus den Philippinen stammenden US-Amerikaner, seiner japanischen Freundin Ai (Spitzname: Ai-chan) und deren unglaublich zauberhafter Tochter Su-chan in ein Schwimmbad in der Nähe des Bahnhofs Tamatsukuri in Osaka gegangen. Dort trafen wir zufällig Javi, einen puertoricanischen Freund von Vladymir, und dessen japanischen Freund. Das Schwimmbad war zwar an sich ziemlich witzig (und wesentlich erfrischender als die kochend heißen Sentōs), allerdings war so ziemlich alles verboten, was Spaß macht: man durfte kein Bier trinken, nicht rauchen, nicht tauchen, und wegen der maximalen Wassertiefe von einem Meter auch nicht vom Beckenrand springen. Auch Sonnencreme durfte man nur in einem bestimmten Bereich auftragen, wenn ich das Gemotze des Bademeisters richtig interpretiert habe. Man durfte also eigentlich nur im Wasser planschen. Lustig fand ich allerdings, dass alle viertel Stunde alle Badegäste aus dem Becken steigen mussten, weil das Wasser dann komplett gereinigt wurde.
Mit Vladymir verbrachte ich schließlich meine gesamte restliche Zeit in Osaka. Ich mochte ihn, weil er so happy, shiny, all american dreamy ist. Mich fand er andersrum so outside the box europäisch und old-fashioned tiefsinnig. Das trifft es zwar natürlich nur oberflächlich, aber als gaijin (= Einwohner westlicher Länder oder im engeren Sinne Menschen mit weißer Haut) in Japan bleiben solche bekloppten Stereotype eben irgendwie nicht aus. Man ist sich hier eben ständig seiner Andersartigkeit bewusst und zwangsläufig ist genau das dann auch ständig Gesprächsthema. Ich fuhr jedenfalls noch einmal mit Vladymir und Ai-chan zu dem Partystrand nach Suma, wo ich von den Japanern dafür bewundert wurde, dass ich von einem kleinen Kai einen Kopfsprung ins Wasser machen konnte. (Ich überredete einige von ihnen, es mir nachzutun und so gab es an diesem Tag noch einige vom Aufprall schmerzende Bäuche und Gesichter). Außerdem lernten wir dort Haruna kennen, die eine Weile in Kanada gelebt hatte und uns ihre Lautsprecher auslieh um unsere eigene Strandparty mit der Musik von meinem Handy zu veranstalten (Lili Marleen von Lale Andersen kam überraschend gut an). Vladymir und ich besichtigten am Tag darauf zu zweit den Hyogo Daibutsu in Kobe (ein weiterer großer Buddha) und zusammen mit Ai-chan den eindrucksvollen Hafen von Kobe. Wir aßen fritierte Austern und Garnelen, die man dort zu Spottpreisen bestellen konnte und hingen rund um die Uhr miteinander rum. Es war wirklich schön und vor allem so herrlich unkompliziert. Ich fand es vielleicht einfach angenehm, mal wieder eine Sprache zu sprechen, in der ich mich halbwegs eloquent verständigen kann. Ich weiß außerdem gar nicht, ob Vladymir unter anderen Umständen mein Typ gewesen wäre, denn er ist bloß einen Meter kylieminogue groß und wir sehen nebeneinander unglaublich bescheuert aus. Aber er hat Urlaub (er arbeitet eigentlich als Englischlehrer in einer Vorschule in Kobe) und ich habe Urlaub und wir hatten beide Lust auf eine Urlaubsromanze. Das Tolle an Urlaubsromanzen ist ja, dass man quasi 60 Jahre Ehe in vier Tagen durchspielen kann und ungefähr das haben Vladymir und ich auch gemacht. Am Freitag habe ich, nachdem ich seine Freunde ja bereits kennengelernt hatte, ihn mit zu Yukos Geburtstagsparty im River & Castle side space mitgenommen. Lilith, die ich zu Vladymirs Gunsten die letzten Tage total vernachlässigt habe, trug bereits einen aufwendig gebundenen Yukata, den Yuko ihr geliehen hatte. Vladymir und ich hatten in Shinsekai, einem alten Stadtviertel von Osaka nördlich des Bahnhofs Tennō-ji, einen Kuchen und Geburtstagskerzen gekauft und noch schnell auf deutsch „Zum Geburtstag viel Glück!“ eingeübt. In Shinsekai hatten Vladymir und ich auch unser erstes romantisches Obdachlosen-candle-light-dinner: mit 2 onigiri (= Reisbällchen mit Füllung), zwei Bier und einer kleiner Geburtstagskerze unter dem Tsutenkaku Tower während es in Strömen regnete. Wir tranken Bier („biru mitsu o-kudasai!“), unterhielten uns mit Yukos Freunden so gut es eben ging und schossen so viele Selfies und Gruppenfotos, dass ich nun nach Lady Di die meistfotografierte Person der Welt bin oder so. Wir waren jedenfalls ziemlich cute und gutgelaunt. Zu dritt zogen Lilith, Vladymir und ich weiter nach Umeda, aßen in einer japanischen Fastfoodkette, deren Namen ich zurecht vergessen habe und sangen schließlich wieder im L'ecca Karaoke. Von da an ging irgendwie alles schief. Kurz zusammengefasst war es so: Vladymir baute Scheiße, ich war beleidigt und die Urlaubsromanze war wieder vorbei. Ich schwieg, er heulte, obwohl natürlich alles total locker und luftig sein sollte. Aber Urlaubsromanzen sind in sich komplett irrational angelegt. Man kommt zusammen, um wieder auseinander zu gehen. Und auseinander bedeutet in diesem Fall, dass Lilith und ich am Sonntagnachmittag mit dem Zug nach Kyoto gefahren sind. Was wir gelernt haben: Weißer Traubensaft mit Aloe Vera Stückchen ist die beste Wahl an japanischen Getränkeautomaten. Alles, was wie Eistee aussieht, könnte auch kalter Kaffee sein. Was wir hätten brauchen können: Wechselwäsche. Man kann ja vorher nicht ahnen, dass man drei Tage lang mit Nonstop-Verknalltsein beschäftigt sein wird. Wen ich grüße: Tiago, meine Lissabonner Urlaubsromanze von 2007. Song des Tages: Somewhere only we know von Keane (habe ich dank der Karaokemaschine wiederentdeckt und fast geheult)
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Mai 2018
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