24-Stunden-Tankstellen sind was Tolles. Ich muss wohl nicht erklären warum. Noch toller sind sie, wenn sie bloß zwanzig Meter von der eigenen Wohnung entfernt sind. Zu diesen wenigen Privilegierten darf ich mich zählen. Ich muss nie meinen Kaffee schwarz trinken, weil die Milch leer ist. Ich kann jedem unerwarteten Gast ein Gläschen Rotwein anbieten. Und vor allem muss ich bei nächtlichem Kummer nicht auf den 1-Liter-Eimer Schokoladeneis verzichten.
Als ich also zum wiederholten Male in diese Notlage geriet, schlich ich mich durch den Hausflur nach unten und hörte schon beim Oeffnen der Haustür wie die zierliche Verkäuferin über die Gegensprechanlage des Nachtschalters private Anekdoten ausplauderte. Auf meiner Seite der Glasscheibe hörten ihre dicke Freundin und deren Hund gespannt zu. „Is' schon was Tolles“, dachte ich mir, während ich das Eis bestellte und den gebannten Blick der Dicken kreuzte, „hier beginnen Freundschaften.“ Noch bevor ich mein Wechselgeld in den Händen hielt, überlegte ich, was die beiden zu dieser außergewöhnlichen Zusammenkunft bewegte. Die eine, klar, bekommt Geld. Die andere ist vielleicht einfach nett. Oder fühlt sich nachts allein. Oder hat einfach gern mal jemanden zum Reden. Die Dicke redet aber eigentlich kaum. Sie ging irgendwann hier vorbei, wollte wohl bloß eine Runde mit dem Hund gehen. Hatte vielleicht gerade Kummer und da hat die Zierliche ihr einen Schokoriegel empfohlen. Aus einem wurden zwei, aus zweien wurde Tradition. Sie kam nun öfter. Auch ohne Kummer. „Schon echt toll“, dachte ich wieder und hoffte, dass sich auch mit der netten Dicken jemand unterhält, wenn sie mal allein auf Arbeit ist.
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Mai 2018
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